Auf Wahlkampftour mit Esther Friedli

Die SVP-Nationalrätin Esther Friedli aus Ebnat-Kappel kandidiert für den Ständerat. Der «St.Galler Bauer» hat sie einen Tag lang auf ihrer Wahlkampftour begleitet.

Text und Bild: Yvonne Aldrovandi-Schläpfer

Ständeratskandidatin Esther Friedli mit ihrem Wahlkampfplakat.

Eine angenehme Atmosphäre herrscht beim Betreten der Gaststube an diesem frühen Vormittag. Aus dem Lautsprecher ertönt Schwyzerörgeli-Musik mit Jodel und Gesang; es duftet nach frischem Kaffee. Hinter der Theke im Landgasthof Sonne, dem «Haus der Freiheit», in Ebnat-Kappel steht Toni Brunner und bedient die Kaffeemaschine. Gleich daneben im Säli ist Esther Friedli in ihre Arbeit vertieft. Sie packt Wahlkampf-Plakate aus, auf denen sie mit einem Serviertablett und einer Tasse Kaffee abgebildet ist – mit dem Aufdruck: Esther Friedli, bodenständig und bürgernah. Zwischendurch erledigt sie Telefonate, koordiniert Termine und Besprechungen. «Und jetzt noch schnell ein WhatsApp an alt Bundesrat Ueli Maurer, den ich demnächst an einer Veranstaltung treffen werde», sagt sie.

In der Gaststube setzt sich ein Stammgast an einen Tisch, trinkt eine Tasse Kaffee und blättert in der Tageszeitung. «Ich bewundere Esther Friedli, wie sie mit dem Stress umgeht, den sie derzeit hat. Sie ist immer gut gelaunt, äusserts hilfsbereit und nimmt sich für einen Schwatz stets Zeit», erzählt der ältere Mann vom Hemberg und ergänzt: «Eigentlich passen zwei gleiche Pole nicht zusammen. Aber bei Esther und Toni ist es ganz anders, sie passen wirklich perfekt zusammen. Die beiden sind ein eingespieltes Team.» Toni Brunner ruft seiner Lebenspartnerin zu: «Esther, gibt es noch wichtige Informationen für den heutigen Tag, an dem du abwesend bist?» Inzwischen ist Esther Friedli in der Gaststube, nimmt die Stühle von den Tischen und stellt sie auf den frisch geputzten Fussboden. Man spürt es sogleich: Esther Friedli ist nicht nur SVP-Nationalrätin, Politologin, Beraterin für politische Kommunikation, Landfrau und Partnerin von Toni Brunner – sie ist auch aufmerksame sowie zupackende Gastgeberin und Gastronomin im Landgasthof Sonne im Wintersberg in Ebnat-Kappel.

Toni Brunner legt Wahlkampfplakate und Zuckerbeuteli in das Auto von Esther Friedli.

Ausgleich im Garten

Nachdem die Wahlkampf-Plakate und -Zuckerbeuteli im Auto von Esther Friedli verstaut sind, kann die Fahrt losgehen. Ein vollgepackter Wahlkampf-Tag steht bevor. Die Autofahrt über den Hemberg nach St.Gallen geht vorbei am landwirtschaftlichen Betrieb, den Toni Brunner und Esther Friedli führen. Idyllischer könnte die Lage kaum sein: Eine verschneite Landschaft, im Licht der aufgehenden Sonne. Esther Friedli zeigt auf ihren Garten und erzählt, dass die Gartenarbeit für sie ein guter Ausgleich sei. Hier könne sie abschalten und auftanken zugleich. Bei der Gartenarbeit werde sie von Toni Brunner’s Mutter unterstützt. Die Gastronomin zeigt auf die Sanddorn-Sträucher in ihrem Garten. «Aus den Beeren kochen wir Konfitüre und Sanddornsaft.» Was im Gasthof auf den Tisch kommt, stamme möglichst aus dem eigenen Garten. Auch das Fleisch, das angeboten wird, komme vom Hof, ganz nach dem Motto: «Äs hät solang’s hät», sagt sie. Ihre Philosophie sei es, so viel wie möglich vom eigenen Landwirtschaftsbetrieb im Restaurant anzubieten und ausschliesslich saisonal. Was nicht selber produziert werden kann, werde sofern machbar von regionalen Anbietern bezogen, ganz sicher aber aus der Schweiz und niemals aus dem Ausland. So ist beispielsweise auf der Dessert-Karte kein Bananensplit zu finden – denn Bananen werden importiert.

Esther Friedli fährt an diesem Tag zu einem Bauern und zwei Gastronomen, die Plakate oder Zuckerbeuteli bestellt haben, um sie mit dieser Werbung bei ihrem Ständerats-Wahlkampf zu unterstützen. Der persönliche Austausch mit den Wählerinnen und Wählern sei ihr wichtig. Schliesslich will sie sich nicht in einer Politiker-Bubble, wie sie dies nennt, bewegen. «Ich bin berührt und beeindruckt, wie viele Leute sich für mich engagieren.» Über 1000 Wahlkampf-Plakate von ihr seien inzwischen im ganzen Kanton St.Gallen aufgestellt worden. 70 000 Zuckerbeuteli seien bedruckt worden. Viel zu wenig, was im Nachhinein festgestellt wurde. «Es freut mich sehr, dass das Interesse daran so gross ist.»

Und was sind denn eigentlich die Motivationsgründe zur Ständeratskandidatur? «Zur Wahl trete ich an, um mich in Zukunft hoffentlich in der ‚kleinen Kammer‘ für die St.Galler Bevölkerung einsetzen zu können. Ich stehe für die Anliegen aller St.Gallerinnen und St.Galler ein, von Stadt und Land. Unter anderem setze ich mich für eine Politik ein, die der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger dient. Dazu gehören auch eine genügende einheimische Nahrungsmittel- und Energieproduktion.»

Politischer Werdegang

Die Politik wurde Esther Friedli quasi in die Wiege gelegt. Aufgewachsen ist sie in Worb bei Bern. Die Mutter gehörte der CVP (heute: Die Mitte) an, der Vater der SVP. Esther Friedli folgte dem Beispiel ihrer Mutter, engagierte sich für die CVP, machte Politik im Jugendrat von Worb und wurde später in den Grossen Gemeinderat gewählt. Esther Friedli war zwischen 1997 und 2000 Mitglied im Präsidium der Jungen CVP. Sie absolvierte auch ein Praktikum im Generalsekretariat der damaligen CVP-Bundesrätin Ruth Metzler. «Während meines Politikwissenschaft-Studiums in Bern habe ich Ruth Metzler unterstützt, unter anderem Anlässe vorbereitet und die Bundesrätin begleitet.» Denn jeder Bundesrat habe einen persönlichen und wissenschaftlichen Mitarbeiter. 1996 lernte Esther Friedli dann Toni Brunner kennen und trat im 2016 der SVP bei. Im Oktober 2019 wurde sie in den Schweizer Nationalrat gewählt.

Esther Friedli erzählt, dass sie ihre Heimat und die Schweiz liebe. Es sei ein Privileg in einem so wunderschönen Land zu leben. «Aber wir müssen uns dafür einsetzen, dass das auch so bleibt. Dass wir auch noch in Zukunft eine produzierende Landwirtschaft mit genügend Kulturland haben. Hier will ich meinen Beitrag leisten. Als Milizpolitikerin kenne ich zudem die Herausforderungen und Probleme der Bürgerinnen und Bürger. Für sie setze ich mich ein.»

Esther Friedli ist beim Coiffeur.

Nachdem Esther Friedli Plakate und Zuckerbeuteli in einem Restaurant überbracht und sich mit dem Wirtepaar bei einer Tasse Kaffee unterhalten hat, geht die Fahrt weiter in die Stadt. Sie sucht den Coiffeur ihres Vertrauens auf und lässt sich die Haare vom Chef persönlich schneiden. «Seit ich in der Ostschweiz lebe, gehe ich zu ihm», erzählt sie. Obwohl sie gerne Neues ausprobiere, seien ihr stabile Geschäftsbeziehungen äusserst wichtig. Eine frisch frisierte Kundin, die das Coiffeur-Geschäft verlässt, erkennt die Nationalrätin und wünscht: «Viel Glück für die Wahl, Frau Friedli.» Während ihres Besuchs beim Coiffeur beantwortet die 45-jährige Toggenburgerin Mails auf ihrem Laptop. Für eine Mittagspause findet sie keine Zeit – nur ein Sandwich auf dem Weg zum Parkhaus liegt drin.

Ein Podium im Fernsehen

Esther Friedli sagt, dass nach einem Fernsehauftritt, sich die meisten Rückmeldungen auf Frisur, Lippenstift und Bekleidung beziehen. Was während der Sendung erzählt werde, sei oftmals sekundär. «Leider, aber es ist so», bedauert sie. An diesem Nachmittag findet beim Ostschweizer Fernsehen TVO die Aufzeichnung ‚zur Sache‘ statt – ein Podium mit allen vier Ständeratskandidatinnen. Vor der Podiumsdiskussion, die vom Tagblatt-Chefredaktor Stefan Schmid moderiert wird, werden die Kandidatinnen in der Maske geschminkt. Die Aufzeichnung des Live-Talks ist kurzweilig und unterhaltend. Auffallend ist, dass keine Kameraleute anwesend sind, da dies heute computergesteuert wird.

Esther Friedli lässt sich in der Maske beim Ostschweizer Fernsehen (TVO) schminken.

Als Politikerin brauche es eine dicke Haut. Kritik allerdings sorge bei ihr nie für schlaflose Nächte. Schlaflose Nächte gäbe es eigentlich nur bei Existenzängsten. «Damals, als wir wegen der Corona-Pandemie unser Restaurant schliessen mussten.» Grundsätzlich könne sie aber vor Auftritten nicht viel essen. «Wenn ich aber so richtig grossen Hunger habe – Tomatenspaghetti, eine Olma-Bratwurst oder eine Rösti mit Leberli – gehen fast immer.» Zudem sei sie eher süss veranlagt. Einem Caramelköpfli könne sie kaum widerstehen. Lieber verzichte sie auf die Vorspeise als auf das Dessert, verrät sie.

Beim Ostschweizer Fernsehen (TVO) findet die Aufzeichnung von «Zur Sache» statt – ein Podium mit allen vier Ständeratskandidatinnen.

Ein Anlass in Wangs

Esther Friedli fährt zu einem Bauern nach Wittenbach und bringt diesem ein Wahlkampf-Plakat, das er am Strassenrand anbringen möchte. Die Bäuerin offeriert eine Tasse Kaffee in der warmen Stube und erzählt, dass Toni Brunner’s Schwester einst ein Haushaltlehrjahr auf diesem Bauernbetrieb absolviert habe. Esther Friedli wusste nichts davon. Schnell ergibt sich daraus Gesprächsstoff, und die Ständeratskandidatin nimmt sich auch hierfür Zeit, obwohl sie ein straffes Programm hat. Auf der Fahrt ins Sarganserland legt die Nationalrätin noch einen Zwischenhalt ein und bringt eine Schachtel Zuckerbeutel in ein Restaurant. Am Abend findet dann in Wangs ein Anlass mit Markus Ritter, Nationalrat der Mitte und Präsident des Schweizer Bauernverbands sowie Marcel Dettling, Nationalrat SVP und Landwirt, zum Thema Erhalt der Ernährungssicherheit statt. Im Saal wird Esther Friedli von den Anwesenden herzlich empfangen, und sie schüttelt jedem Einzelnen die Hand. Die Zusammenarbeit mit Markus Ritter und Marcel Dettling bezeichnet die Nationalrätin als hervorragend. «Wir ziehen am gleichen Strick», bemerkt sie. Alle drei sind Mitglieder der Wirtschaftskommission (WAK) und Esther Friedli ist bei der aktuellen Vorlage AP 2022+ Kommissions-Sprecherin.

Nach der Veranstaltung und einigen persönlichen Gesprächen, geht es zurück auf den Wintersberg im Toggenburg. Inzwischen ist es eine Viertelstunde nach Mitternacht, eigentlich Zeit für Feierabend. Im Restaurant des Landgasthofs Sonne brennt allerdings noch Licht. «Wir haben Gäste bei uns, die hier übernachten», sagt Esther Friedli zufrieden. Von Müdigkeit ist der Ständeratskandidatin auch nach einem langen Wahlkampftag übrigens nichts anzusehen. Und vermutlich wird es für sie wohl noch keinen Feierabend geben.